Der Bundesrat hat sich am 20. April 2016 für die Einführung einer neuen Bewilligungskategorie und einer bewilligungsfreien „Sandbox“ für Fintech-Unternehmen ausgesprochen. Das Eidgenössische Finanzdepartement (EFD) wurde damit beauftragt, mögliche Konzepte für ein neues Bewilligungsregime für Fintech-Unternehmen auszuarbeiten. Darüber hinaus hat der Bundesrat noch einmal festgehalten, unter welchen Voraussetzungen die Abwicklung von Finanztransaktionen durch Fintech-Unternehmen vom Anwendungsbereich des Bankengesetzes (BankG) ausgenommen ist.

Von Matthias Hirschle, RA lic. iur., und Philippe Bächli, MLaw

Unternehmen, welche in der Schweiz im Bereich der innovativen Finanztechnologien (Fintech) tätig sind, fallen unter der aktuellen Finanzmarktregulierung häufig in den Anwendungsbereich des Bankengesetzes und benötigen eine entsprechende Bewilligung der FINMA. Von dieser Bewilligungspflicht betroffen sind vor allem Geschäftsmodelle, bei welchen Unternehmen gewerbsmässig fremde Gelder entgegennehmen, wie dies beispielsweise beim Crowdfunding der Fall sein kann. Das Einholen einer Bankenbewilligung ist in der Regel aber mit einem grossen finanziellen und organisatorischen Aufwand verbunden, weshalb Fintech-Unternehmen im gegenwärtigen regulatorischen Umfeld von einem Markteintritt abgehalten werden können.

Am 20. April 2016 hat der Bundesrat nun im Rahmen einer Medienmitteilung angekündigt, dass die regulatorischen Hürden für Fintech-Unternehmen abgebaut werden sollen, um solchen Unternehmen den Markteintritt zu erleichtern. Das EFD wurde beauftragt, mögliche Konzepte für ein neues Bewilligungsregime auszuarbeiten, wobei insbesondere eine neue Bewilligungskategorie für Fintech-Unternehmen sowie Ausnahmen von der Bewilligungspflicht (sog. „Sandbox“) zu prüfen sind:

  • Neue Bewilligungskategorie: Angedacht ist, dass Anbieter von Fintech-Dienstleistungen, welche zwar Kundengelder entgegennehmen, anders als eine „klassische“ Bank aber keine Kredite ausgeben, von einer neuen Bewilligungskategorie mit geringeren Anforderungen profitieren können. Die FINMA hat diesbezüglich bereits im Rahmen einer Medienmitteilung vom 17. März 2016 in den Raum gestellt, dass die Bewilligungsvoraussetzungen aufgrund der geringeren Risiken und des begrenzten Geschäftsfeldes solcher Unternehmen tiefer angesetzt werden können als für eine „klassische“ Bank. Die neue Bewilligungskategorie würde nach der Vorstellung der FINMA Unternehmen zur Verfügung stehen, die nicht mehr als CHF 50 Mio. Publikumseinlagen entgegennehmen, wobei ein Mindestkapital von 5% der entgegengenommenen Einlagen, aber jedenfalls mindestens CHF 300‘000 als Sicherheit gewährleistet werden müssten. Zum Vergleich: Damit nach geltendem Recht eine Bankenbewilligung erteilt werden kann, muss nach Art. 15 der Bankenverordnung (BankV) ein Mindestkapital von CHF 10 Mio. vollständig einbezahlt sein.

 

  • Ausnahmen von der Bewilligungspflicht: In Anlehnung an die sog. „Regulatory Sandbox“ der britischen Finanzmarktaufsichtsbehörde Financial Conduct Authority (FCA) könnte in der Schweiz ein bewilligungsfreies Entwicklungsfeld für Start-Up-Unternehmen im Bereich der innovativen Finanztechnologien eingeführt werden. Nach dem bereits erwähnten Vorschlag der FINMA könnten solche Unternehmen ohne Bewilligung tätig sein, wenn sie nicht mehr als CHF 200‘000 an Publikumseinlagen entgegennehmen. Noch offen ist, wie frei sich die Unternehmen in diesem „Sandkasten“ effektiv bewegen dürfen. In Grossbritannien wird vorgesehen, dass sich Unternehmen bei der FCA bewerben müssen, um während einer Testphase ohne Bewilligung tätig werden zu können. Anschliessend wählt die FCA aus dem Kreis der Bewerber gewisse ihr geeignet erscheinende Unternehmen für eine Testphase aus. Für ein solches Modell bestünde in der Schweiz im Moment keine gesetzliche Grundlage.

 

In der Medienmitteilung vom 20. April 2016 hat der Bundesrat weiter festgehalten, dass Fintech-Unternehmen unter die Ausnahmebestimmung für Weiterleitungskonti gemäss Art. 5 Abs. 3 lit. c BankV fallen können. Nach dieser Bestimmung sind Unternehmen trotz Entgegennahme fremder Gelder vom Anwendungsbereich des Bankengesetzes ausgenommen, wenn (i) sie die Gelder allein zum Zweck der Weiterleitung entgegennehmen, (ii) dafür keinen Zins bezahlen und (iii) die Abwicklung (d.h. die Weiterleitung an einen im Voraus bestimmten Begünstigten oder die Rücküberweisung an die Geldgeber) vorgängig bestimmt ist. Diese Entwicklung stellt für die Crowdfunding-Branche eine erhebliche Erleichterung dar, weil Art. 5 Abs. 3 lit. c BankV nach der bisherigen Praxis der FINMA nur Anwendung fand, wenn die Gelder innerhalb von ein paar wenigen Tagen weitergeleitet wurden. Nachdem Crowdfunding-Kampagnen für gewöhnlich viel länger dauern, konnten sich Crowdfunding-Unternehmen bislang somit nur in Ausnahmefällen auf Art. 5 Abs. 3 lit. c BankV berufen, um einer Bewilligungspflicht zu entgehen. Abzuwarten bleibt allerdings, ob bzw. inwiefern die FINMA ihre restriktive Praxis aufgrund des Hinweises des Bundesrats in der Medienmitteilung vom 20. April 2016 tatsächlich aufgibt.

Das EFD wird bezüglich der neuen Bewilligungskategorie sowie der Ausnahmen von der Bewilligungspflicht nun verschiedene Vorschläge ausarbeiten, wobei ein entsprechender Bericht zuhanden des Bundesrats im Herbst 2016 vorliegen soll. Wir werden Sie über die weiteren Entwicklungen in diesem Bereich an dieser Stelle auf dem Laufenden halten.

Weitere Artikel